6) Die Amis sind weg

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Im Jahre 1956 muss es wohl gewesen sein, als die durch die Amerikanische Schutzmacht beschlagnahmten Häuser wieder an ihre ursprünglichen Besitzer zurückgegeben wurden.

Mein Vater durfte direkt nach dem Auszug der Besatzer in das Haus und machte eine schreckliche Entdeckung. Die Besatzer hatten alles bewegliche Inventar ausgeräumt. Dazu gehörten auch die antiken und wertvollen Möbel meiner Großeltern, Bronzestatuen und vieles mehr.

Jetzt zahlte sich der gute Kontakt zum Amerikanischen Militär aus der Dolmetschertätigkeit im Gefangenenlager aus. Dieser Kontakt ermöglichte meinem Vater den Zutritt in die „Rhein-Main Airbase“. Er konnte die Möbelstücke und einige Gegenstände aus dem Haus lokalisieren und bekam die Erlaubnis, diese zurückzuholen. Einige Möbelstücke wie ein Schreibtisch, eine Standuhr, eine Anrichte oder auch Buffet genannt und einen Bücherschrank, der noch heute in unserem Wohnzimmer steht, weit gereist ist und immer noch den Beschlagnahmungsstempel auf der Innenseite aufweist, wurde von meinem Vater eigenhändig wieder aus dem Flugzeug geholt.

Diese Möbel spiegelten einen gewissen gutbürgerlichen Wohlstand wieder. Auch die Bronze-Figuren, eine Wasserträgerin und ein Landarbeiter mit einem Rechen auf der Schulter, den man aus der Hand der Figur herausziehen konnte, gehörten einfach dazu. Später sollte ich öfter erwischt werden, diesen Rechen herausgezogen zu haben, um damit zu spielen, da die Figuren für mich so etwas wie Puppen waren. Dafür gab es dann auch in schöner Regelmäßigkeit Schelte, da sich für mich der Wert meines Spielzeugs erst Jahrzehnte später erschloss.

Was da genau geschah weiß ich nicht, da ich noch zu klein war. Jedenfalls wurde so einiges erzählt, wie entsetzt man über den Zustand des Hauses war. Als meine Eltern das Haus nach mehr als zehn Jahren zum ersten Mal wieder betreten durften, war es kaum wiederzuerkennen.

Einige dieser, nicht nur für meinen Vater sondern auch tatsächlich entsetzlichen Dinge, sind mir auch noch in Erinnerung. So waren alle Wände mit einer Ölfarbe gestrichen, die keine Tapete an der Wand fest hielt. Alle Fenster hatten, heute wieder in Mode, schwarze Fliegengitter und im Wohnzimmer befand sich auf dem Dielenboden ein riesengroßer runder Brandfleck, der wohl von einem Lagerfeuer oder etwas ähnlichem, her rührte.

Aber das war alles egal, man konnte endlich wieder einziehen und hatte jetzt endlich Platz für eine Familie in unserer Größe.


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