37) Die Mördergrube

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Wenn ich alles das, was ich da so geschrieben habe Revue passieren lasse, wird mir immer mehr bewusst, in welch einer behämmerten Zeit wir leben. Ich werde daher zum Schluss meines Geschreibsels einiges anmerken, da ich aus meiner Seele keine Mördergrube machen will, wie es so schön heißt.

In früheren Kulturen hat man auf die Alten gehört, weil man wusste, dass die nun mal über viel mehr Lebenserfahrung verfügen. Dass sie Fehler gemacht haben und daraus lernten. Das hat die Kulturen vorangebracht und die Jungen haben verstanden, dass man diese Fehler nicht wiederholen braucht. Das war für das Überleben oftmals essentiell. Heute ist das anders, und man hat das Gefühl, dass so manch ein junger Karrierist die Weisheit mit Löffeln gefressen hat und das ewige „früher war alles besser“ einfach nur nervt. Früher war nicht alles besser, sondern vielleicht nur anders, aber es fühlt sich im nachhinein besser an.

Ich habe in den letzten Jahren meines Berufslebens häufig erleben dürfen, dass alter Wein in neuen Flaschen verkauft wurde. So saß ich in einem Meeting, in dem die im Vorstand des Unternehmens für das Personal verantwortliche Dame ihre tollen neuen Ideen gekonnt präsentierte. Am Ende ihrer wunderbar bunt aufbereiteten Präsentation wurde ihr, wie sie erwartete, natürlich Applaus gespendet. Ich applaudierte nicht. Das fiel ihr auf, und sie fragte mich ob mir etwas missfiel an ihren Ausführungen. Ich sagte ihr, dass ich im Laufe meines Berufslebens genau das, was sie da vortrug schon mindestens drei Mal erlebt hätte, und jedes mal hatten diese Ideen nicht funktioniert und wurden nach spätestens drei Jahren durch eine andere nicht funktionierende Idee ersetzt. Was dem Unternehmen jedes Mal unglaublich viel Geld gekostet hat. Damit wurde ich in ihren Augen meinem Ruf als Mahner und Nörgler gerecht und aus weiteren Diskussionen ausgeschlossen.

Es werden ständig irgendwelche Nebenschauplätze eröffnet um von den wirklichen Problemen abzulenken. Ich glaube nicht, dass es für uns Menschen essentiell ist, ob man korrekt gendert oder ob man die richtigen Ausdrücke für Menschengruppen verwendet. Dass Kinderbücher oder Lieder umgeschrieben werden müssen, damit man niemanden diskriminiert, ist auch so ein Nebenschauplatz. Wichtig ist doch die Wertschätzung, die man anderen Menschen oder Religionen gegenüber bringt und nicht, ob man das richtige Vokabular verwendet. Jeder hat das Recht nach seiner Überzeugung glücklich zu sein oder zu werden. Aber keiner sollte sich über Andere erheben und versuchen seine Auffassung als die einzig richtige der restlichen Menschheit überzustülpen. Missionieren hat viel Unheil über die Menschheit gebracht und sollte einfach unterlassen werden. Ich kann meine eigenen Auffassungen haben und vertreten, sollte aber die Meinung der Mehrheit akzeptieren.

Diese völlig unnötige Böllerdiskussion zum Beispiel, auf die ich später nochmal zurück kommen werde, ist meiner Meinung beispielhaft für die heutige Zeit. 2 Millionen Böllergegner sind nicht die Mehrheit. Es ist modern geworden als Minderheit die Mehrheit zu erpressen, siehe FDP, die im besten Fall 5% von den Menschen, die wählen gehen, denn 76,4% der Wahlberechtigten gingen zur Wahl, das entspricht 61,16 Mio. Menschen in Deutschland. Daraus ergibt sich, dass ca. 46,73 Mio Menschen gewählt haben und 5 % davon sind ca. 2,34 Mio. Und die wollen über das Wohl und Wehe von 84,48 Mio Menschen bestimmen. Das ist nicht mein Verständnis von Demokratie. Minderheiten haben nun mal die Meinung der Mehrheit zu akzeptieren, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre eigenen Auffassungen zur Mehrheit zu machen. Das Akzeptieren von Gesetzen und Regelungen ist leider völlig aus der Mode gekommen. Wenn was nicht funktioniert, wird sofort nach einer neuen Gesetzlichen Regelung geschrien, an die sich dann auch keiner hält. Es wäre völlig ausreichend, wenn die bestehenden Gesetzte und Regelungen konsequenter durchgesetzt würden. Aber hier fehlt wieder das Geld.

Der Staat investiert in das Beseitigen von Managementdefiziten in der Wirtschaft. Die Wirtschaft muß in der Lage sein eigenständig zu existieren. Manager dürfen für ihre Fehler nicht subventioniert werden. Einsicht und Scham über gemachte Fehler ist nicht vorhanden. Schuldige werden grundsätzlich wo anders gesucht. Die daraus resultierenden Talfahrten werden dann auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen. Diese sollen dann auf alles Mögliche verzichten, wozu die Manager und auch die Managerinnen selbst überwiegend nicht bereit sind. Das eben diese Arbeitnehmer dafür verantwortlich sind, dass es einem Unternehmen gelingt gute Produkte am Markt zu etablieren, wird vergessen. Die Zahlenjongleure sind es jedenfalls nicht. Deren produzierte Produkte braucht im täglichen Leben kein Mensch. Wie deren Bonuskriterien definiert werden, damit man am Ende 100% Erfüllungsgrad erreicht, kenne ich aus meiner Zeit als Manager. Aber wie die Bahnmanager bewiesen haben, ist es auch egal, ob die Kriterien tatsächlich erfüllt werden. Wenn das Erfüllungskriterium die Pünktlichkeit ist und dann, wie jeder Bahnkunde selbst erkennen kann, nicht erfüllt wird, behauptet man einfach, man habe Fortschritte gemacht und rechtfertigt vor sich selbst den unmoralischen Zugriff auf einen unberechtigten Bonus.

Der Reallohn der überwiegenden Arbeitnehmerschaft sinkt seit Jahren stätig. Top Manager glauben durch Gehaltserhöhungen in mäßigem Umfang ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen und einer Bindung zum Unternehmen zu motivieren. Das erste was ich auf einem Führungskräfte-Seminar lernen durfte war, dass Geld als langfristige Motivation ungeeignet ist. Geld beruhigt den Mitarbeiter insofern, dass er seinen monatlichen Verpflichtungen nachkommen kann, aber es motiviert nicht zu höherer Leistung. Das, was nichts kostet, nämlich Anerkennung, Lob und Aufmerksamkeit sind dazu in der Lage, dass jemand gerne zu seiner Arbeit geht und auch bereit ist, mal mehr zu geben als unbedingt notwendig. Hier gibt es bis auf Teamleitungsebene enorme Defizite in allen Branchen. Der willfährige Erfüller von Profitvorgaben, der auch noch in der Lage ist sich selbst gut darzustellen, wird demjenigen, der den menschlichen Umgang mit seinen Untergebenen pflegt, vorgezogen. Mit denen muss man sich in der Ebene darüber wenig bis gar nicht beschäftigen, und kann weiterhin unerfüllbare Vorgaben nach unten delegieren. Geschäftsführer von einem Schlag eines Dr. Dr. Maier, der erstens wusste, wie das Geschäft der Firma, der er vorstand funktioniert und sich dann noch zusätzlich für seine Mitarbeiter und deren Belange bis auf unterste Ebene interessiert, sind weitestgehend ausgestorben. Bei Aktiengesellschaften auch eher unerwünscht, denn hier zählt der Aktienkurs und sonst nichts. Dieser Wert bestimmt auch den Grad der Menschlichkeit im Umgang mit Mitarbeitern. Sinkt der Gewinn müssen Leute entlassen werden. Oftmals nur weil der Gewinn nicht mehr 32 Milliarden Euro wie im Vorjahr betrug, sondern nur noch 25 Milliarden Euro. Das ist pervers. Ein Gewinn ist ein Gewinn und erfordert nicht Menschen in unnötige Nöte und Existenzängste zu versetzen. Aber die Dividende ist wichtiger als das Wohlergehen der Mitarbeiter.

Politisch besteht großer Druck für viele Unternehmen bürokratische Vorgaben zu erfüllen. Dafür braucht es Personal. Das ist für kleine und mittelständige Unternehmen oft schwierig. Trotzdem, wenn man sich da Betriebe ansieht, die von einem Unternehmer geführt werden, der persönlich für das Wohl und Weh seiner Firma gerade stehen muss, dann wird man hier eine größere Bereitschaft zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben finden. Bei Aktiengesellschaften, wo es nur um das Wohl und Weh der Aktionäre geht, werden solche Positionen gerne eingespart, da sie ja offensichtlich nicht profitabel arbeiten. Was passieren kann wenn da mal was schief geht, wird verdrängt. Auch das Verlagern solcher Positionen in irgend ein Billiglohnland ist sehr beliebt. Dass es aber oft um lokale Gesetzgebungen geht, an die man sich halten soll, spielt keine Rolle. Hauptsache billig. Der Mitarbeiter in Indien oder in Litauen kennt diese Anforderungen gar nicht. Auch Themen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer spielen da schon mal eine untergeordnete Rolle. Zur Beruhigung des Gewissens wird dann mal ein Gesundheitstag initiiert oder wenn man ganz kreativ ist, ein paar Gutscheine für´s Fitnessstudio.

Die sinnlose Karenztag-Diskussion. Auch ein Ablenken von den eigenen Managementfehlern. Kranke Arbeitnehmer stecken gesunde an, der Verlust ist dann noch größer. Einige der heutigen Krankheiten werden auch durch die eigenen Führungskräfte verursacht. Da wird aber durch den Vorgesetzten nicht interveniert, da es ja unangenehm ist, sich mit der Person auseinander zu setzen. Vielleicht erfüllt er ja ganz prima die Vorgaben von oben. Und wenn dann Krankheiten chronisch werden, ist der Schaden für ein Unternehmen immens.

Und das noch zum Schluss. Viele Menschen scheinen nicht zu verstehen, dass eine Demokratie in der Lage ist eine Diktatur zu gebären. Umgekehrt geht nicht. Das sollten sich alle die, die jetzt mal eben so als Denkzettel eine dieser populistischen Parteien wählen, vor Augen halten. Diese Parteien können auch nur die Probleme im Land benennen, bieten aber keine Lösungen an. Die etablierten Parteien bieten wenigstens Lösungen an, die dann zwar nicht umgesetzt werden, weil dies und das, was zwar schon während des Versprechens bekannt war, dagegen spricht. Es geht nämlich gar nicht um das Volk, sondern nur um Partei- und persönliche Interessen. Die Interessen der Wirtschaft, eine Einnahmequelle für Parteispenden, spielen natürlich auch eine wesentliche Rolle. Hier wird immer wieder darauf verwiesen, dass es im Interesse des Volkes sei, wenn es genügend Arbeitsplätze gäbe und deshalb eine gesunde Wirtschaft von Nöten sei. Sie ist aber nicht gesund, die Wirtschaft. Alle Fehler die die Protagonisten in der Wirtschaft machen, werden dann durch irgendwelche staatliche Hilfen aus Steuergeldern glatt gebügelt. Wer Fehler in solchen Größenordnungen macht, gehört nicht in die Position, die er einnimmt. Aber auch Positionen hängen teilweise von der Mitgliedschaft in einer bestimmten Partei ab und nicht von der Qualifikation. Das wird besonders bei der Vergabe von Ministerposten deutlich.

Alles das wissen wir. Dennoch ist das kein Grund dafür eine populistische Partei zu wählen, die sich in Übermenschsgeschwafel und Allmachtsfantasien suhlt. Viele die da an vorderster Front für deren Ideologien kämpfen, bilden sich wahrscheinlich ein, in einem neuen deutschen Reich ein entscheidende Rolle spielen zu können. Sie sehen sich schon als Vollstrecker einer neuen, besseren und rassisch reineren Weltordnung. Bereit zum Vergasen, Vergiften und Erschießen von allen, die da nicht rein passen. Dabei vergessen sie jedoch, dass man in einer solchen Herrschaft schnell vom Vergasenden, Vergiftenden und Erschießenden zum Vergasten, Vergifteten und Erschossenen werden kann. Denn da genügt die einfache Denunziation eines Mitmenschen, der demjenigen aus niedersten Motiven nicht mehr wohl gesonnen ist.

Der Weg aus der Diktatur zurück in die Demokratie führt meistens über eine Katastrophe gigantischen Ausmaßes. Erst wenn alles zerstört ist, geliebte Menschen verloren wurden, man Hunger und Kälte leiden musste und jeder Tag irgendwie lebendig zu Ende gehen muss, weiß man Demokratie wieder zu schätzen. Wenn auch die Anderen und nicht nur die strammen Gefolgsleute wieder etwas aufbauen dürfen und man satt in ein warmes Bett steigen kann und sich keine Sorgen über das Überleben am nächsten Tag machen muss, freut man sich darüber, selbst wählen zu dürfen, wer einen dann regiert. Auch wenn man weiß, das da nicht alles Gold ist was glänzt in der jeweiligen Regierung, ist das egal, denn es geht mir gut. Und wenn dann alle für lange Zeit satt und fett gefressen sind, geht alles wieder von vorne los. Man beschäftigt sich wieder mit abstrusen Selbstoptimierungsfragen und geht der restlichen Menschheit mit irgendwelchen Verbotsforderungen auf den Geist, ohne sich dabei selbst zu hinterfragen, ob es nicht andere Dinge gäbe, die dringend mal verboten gehören. Oder wie man sich gar für Andere engagieren könnte. Man will Feuerwerk verbieten, weil ein paar Deppen damit Unsinn betreiben und sich und andere verletzen. Wann will man denn dann Autofahren oder Fußball verbieten, wo auch ständig irgend welche Deppen andere oder sich selbst verletzten und sogar töten. Einfach mal auf dem Teppich bleiben. Das wäre schön. Und schön wäre es auch, wenn die Medien nicht jeden Mist sofort mit großem Brimbamborium an die Öffentlichkeit zerren würden. Welche Nachricht ist wirklich eine Nachricht wert. Aber auch hier gilt das Prinzip der Selbstverwirklichung von Journalisten, die aus eigener Existenzberechtigung oder warum auch immer, jeden noch so unwichtigen Dreck an die große Glocke hängen müssen, und damit irgend welchen Spinnern noch eine Plattform bieten. Es wird spekuliert was das Zeug hält. Nur leider sind auch sie keine Hellseher. Daher würde für mich persönlich die Nachricht darüber, was tatsächlich am Ende passiert ist, völlig ausreichen. Das ist schon verstörend genug.

Hier endet nun für auch mir noch unbekannte Zeit dieser Block. Ich hoffe die Leser hatten Spaß. Eigene Erinnerungen wurden vielleicht wieder zurückgeholt oder es gab sogar ein paar Denkanstöße. Ich wünsche allen meinen Lesern ein gesundes, erfülltes und glückliches Leben.

Tschüss.


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